Emily Brontë – stürmische Leidenschaft oder emotionale Reserviertheit? Einige Gedanken zum 200. Geburtstag

Sie wird von Zeitgenossen als äußerst reservierte, doch willensstarke, starrsinnige und schroffe Persönlichkeit beschrieben, die trotz ihres „schwierigen Charakters“ vor allem durch ihre bestechende Intelligenz dennoch anziehend wirken konnte. Für eine Frau des frühviktorianischen Bürgertums führte Emily Brontë sicherlich ein ungewöhnliches Leben: als Pfarrerstochter mit 2 Schwestern und einem Bruder in West-Yorkshire aufgewachsen, begann sie mit ihren Geschwistern schon früh Phantasiegeschichten zu entwickeln und diese auch aufzuschreiben. Ihr Vater begünstigte diese kreative Tätigkeit seiner Kinder, da er selbst mehrere Gedichtbände und Erzählungen veröffentlicht hatte.

Pfarrer Brontë unterrichtete seine Kinder zunächst selbst. Dazu benutzte er häufig Zeitungs- und Zeitschriftenartikel, um seinen Kindern Geschichte, Literatur, Kunst, Geografie und Naturwissenschaften näher zu bringen. Als fortschrittlicher Vater förderte er seine Töchter ebenso wie seinen einzigen Sohn und legte sehr großen Wert auf eine umfassende Bildung seiner Kinder. Später besuchten die Töchter Privatschulen für Klerikertöchter, wo sich Emily allerdings derart eingeengt fühlte, dass sie bald wieder nach Hause zurückkehrte.

Mit ihrer älteren Schwester Charlotte, die ebenfalls als Schriftstellerin reüssierte („Jane Eyre“), ging sie für einige Zeit nach Brüssel, um dort an einem Privatinstitut zu studieren und sich als Lehrerin ausbilden zu lassen. Dort perfektionierten die Schwestern ihre Französisch- und Deutsch-Kenntnisse; Emily war auch eine gute Klavierlehrerin. Wegen des Todes ihrer Tante mussten sie allerdings früher als geplant, nach England zurückkehren. Das ursprüngliche Ziel der Schwestern war, eine eigene Schule zu eröffnen. Dieser Plan scheiterte jedoch daran, dass ihr Heimatort zu entlegen war, um interessierte SchülerInnen anzuziehen. Daher widmete Emily sich dem Familienhaushalt und den gemeinsamen Finanzen, betrieb aber auch Hobbies, die für eine Frau der damaligen Zeit ungewöhnlich waren, wie Wandern, Tier- und Naturbetrachtungen. Und sie schrieb.

1846 veröffentlichten die Schwestern Charlotte, Emily und Anne Brontë einen Gedichtband unter männlichen Pseudonymen, da weibliche Autorinnen damals unter Vorurteilen zu leiden hatten. Neben vielen Gedichten schrieb Emily Brontë einen einzigen Roman, ebenfalls unter dem Pseudonym Ellis Bell, der weltbekannt wurde: „Wuthering Heights“ („Sturmhöhe“). Darin wird die leidenschaftliche, obsessive Liebe zwischen der reichen Catherine und dem Findelkind Heathcliff beschrieben, die über den Tod hinaus anhält, aber auch der Rachefeldzug des unterdrückten und gedemütigten Heathcliff, der als unangepasster Aussenseiter offenbar einiges von Emilys Charakter widerspiegelt.

Aber schauen wir uns diesen ungewöhnlichen Charakter aus astrologischer Sicht an:

Emily Brontë wurde am 30. Juli 1818 mit einer Löwe-Sonne und einem Skorpion-Aszendent geboren. Bei der Betrachtung ihres Geburtshoroskops fällt uns zunächst auf, dass alle persönlichen Planeten in der oberen Hälfte stehen (im 8. und 9. Haus), unten dagegen nur die 5 überpersönlichen bzw. transsaturnischen Planeten. Was bedeutet das? Sie, die von ihren Mitmenschen als „menschenscheu und reserviert“ beschrieben wird, braucht die Umwelt, um sich verwirklichen zu können, wird aber auch gut von der Aussenwelt wahrgenommen. Nun könnten Sie einwenden, dass der Beruf einer Schriftstellerin eine einsame Arbeit ist, doch wir können davon ausgehen, dass eine Frau mit Löwe-Sonne sich nicht komplett verstecken wird, denn Löwe-Geborene erheben ganz allgemein den Anspruch auf Beachtung und Bewunderung. Größtmögliche Anerkennung dürfte sie zu Lebzeiten von den Institutsleitern in Brüssel für ihre intellektuelle und musikalische Brillanz erfahren haben (Sonne an der Spitze des 9. Hauses = Ausland).

Mit dem Skorpion-Aszendenten ist Emily sehr willensstark, vorstellungsbezogen und kontrollierend – aber auch zurückhaltend, was den eigenen Gefühlsausdruck angeht. Einen skorpionischen Touch hat auch die Sonne, die im 8. Haus steht, allerdings schon an der Spitze des 9. Hauses. Den Führungsanspruch, den sie – zumindest in der Familie – stellt, baut sie aber auf Wissen und Können auf, das sie sich durch ihre Schulbildung erworben hat (Sonne Spitze 9) und das ihren Dominanzanspruch rechtfertigt. Sie will Macht, ohne sich unterzuordnen, und die wird ihr in der Familie aufgrund ihrer Intelligenz und ihres Einfallsreichtums (Merkur Trigon Uranus) auch zugestanden.

Es heisst, dass Menschen, die mit einem Skorpion-Aszendenten geboren werden, schon früh im Leben mit Krankheit und Tod konfrontiert sind – umso mehr, wenn auch noch die beiden Lichter Sonne und Mond im 8. Haus, dem Skorpion-Haus, stehen, wie das bei Emily Brontë der Fall war. Bald nach der Geburt der jüngsten Tochter Anne – die später ebenfalls Schriftstellerin wurde – erkrankte die Mutter an Gebärmutterkrebs (einer Krankheit, die dem Skorpion zugeordnet wird) und starb, als Emily 3 Jahre alt war.

Charakteristisch für Skorpion-betonte Menschen sind tiefe, fast extreme Gefühle, ungezügelte Leidenschaften und Triebe, Macht, Ohnmacht, Rach- und Eifersucht, aber auch Mut, Willensstärke, Verlässlichkeit und Sicherheitsstreben. Es besteht ein Drang, den Dingen auf den Grund zu gehen, nachzubohren und nicht locker zu lassen. In ihrer Obsession kann sie eine grosse Zähigkeit und Leidensfähigkeit zeigen und sich in ihrem Absolutheitsanspruch sogar selbstzerstörerisch verhalten. Nach allem, was wir von ihr wissen, hat Emily Brontë auf ihren unzähligen Streifzügen durch die Moorlandschaft von Yorkshire wohl viel über diese in ihr brodelnden Eigenschaften nachgedacht und sie dann in die Hauptfigur ihres Romans einfliessen lassen.

Noch eine Besonderheit gibt es in diesem Horoskop. Emily Brontë ist zweieinhalb Tage vor Neumond geboren, der Mond steht (noch) in Krebs, die Sonne bereits in Löwe. Die Dominanzstellung beider Lichter macht diese Frau stark, unabhängig und subjektiv. Durch die Position kurz vor Neumond lebt sie in einer ständigen Erwartungshaltung, ist nie ganz zufrieden, fühlt sich vom Schicksal abgehoben und etwas orientierungslos. Sie kann sich aber auch mehr erlauben als andere, gilt ein bisschen als „bunter Hund“, als Eigenbrötlerin, wird aber als solche durchaus akzeptiert.

Die Mond-Stellung im 8. Haus weist auf einen Verlust zu Beginn des Lebens hin – die Mutter im Kleinkindalter zu verlieren, ist wohl einer der schlimmsten Verluste, die jemand erleiden kann. Vielleicht spürt so ein Kind deshalb wenig Geborgenheit in sich, auch wenn der Vater bemüht war, seinen Kindern mit Hilfe seiner Schwägerin und einer Haushaltshilfe doch ein einigermaßen angenehmes Zuhause zu bieten.

Da schon die Eltern Schöngeister waren und sich dem Schreiben gewidmet hatten (IC in Fische – Hinweis auf Künstlerfamilie), blieb es nicht aus, dass die 4 Brontë-Geschwister diese kreative Ader übernahmen: die Schwestern Charlotte, Emily und Anne schrieben, der Bruder Patrick Branwell malte. Nicht unerwähnt bleiben soll, dass die beiden ältesten Schwestern Maria und Elizabeth nur wenige Jahre nach der Mutter im Kindesalter an Typhus verstarben – Pluto im 4. Haus ist oft ein Hinweis auf Todesfälle in der Familie.

Dass der Vater eine so herausragende Stelle im Zuhause einnimmt, sehen wir an der Position von Saturn nahe dem IC. Diese Saturn-Position zeigt einerseits die Verankerung in der Familie, aber auch familiäre Belastungen. Emily hat ja durch ihre spätere Tätigkeit als Finanzverwalterin der Familie auch Verantwortung (Saturn) in der Familie (IC) und für die Geschwister (Saturn im 3. Haus) übernommen.

Nun fragen wir uns aber, wie eine derartig leidenschaftliche Person mit Skorpion-Aszendent, Venus-Mars Konjunktion und Löwe-Sonne im 8. Haus ein Leben führen konnte, das zwar einigen Konventionen des frühen 19. Jahrhunderts widersprach, sich aber doch im Rahmen eines Pfarrhaushalts auf dem Lande bewegte. Ein Leben, das mit Tier- und Naturbeobachtungen in der Moorlandschaft dem Forschergeist des Skorpion-Aszendenten sowie seines Geburtsherren Pluto in 4 Rechnung trug, aber die sexuellen Begierden doch nur in der Phantasie auslebte. Es stimmt, eine Venus-Mars-Konjunktion ist meist ein Hinweis auf eine leidenschaftliche erotische Veranlagung, jedoch wird die Leidenschaft nicht nur durch das zur Vorsicht gemahnende Zeichen Jungfrau gedämpft, in dem die Liebesplaneten stehen, sondern auch durch Saturn in Opposition zu Venus. Mit dieser Konstellation kann sich Emily keinen Lebensgenuss aus vollem Herzen gönnen, die Gefühle sind blockiert, sodass sie meint, zu kurz zu kommen (was auch die Konstellation kurz vor Neumond anzeigt). Sie würde in einer Beziehung Sicherheit und Vertrauen brauchen, um sich öffnen zu können – doch wie soll sie so etwas in einer kleinen englischen Gemeinde finden? Da Venus der höchststehende Planet in dieser Radix ist, wirkt Emily nach aussen kühl und distanziert, vielleicht auch perfektionistisch. So zieht sie sich gern in ihre Arbeitspflichten oder intellektuell-kreative Tätigkeiten zurück, sucht Anerkennung und Wertschätzung dadurch, dass sie sich nützlich macht und funktioniert, oder wendet ihre ganze Liebe den Tieren zu.

Wenn Saturn in einem Wasser-Zeichen (Fische) steht, gibt es fast immer eine Reserviertheit in Gefühlsbereich, die Angst, sich den eigenen Emotionen zu stellen. Saturn in Fische Konjunktion IC könnte ein Hinweis darauf sein, dass an der Wurzel der Seele die Angst nagt. Um diese zu überwinden, ist eine Profilierung im künstlerischen Bereich ideal – auch das eine Entsprechung von Saturn in Fische, die noch dazu durch die Venus-Mars-Konjunktion – kreative Begabung – unterstützt wird.
Im wirklichen Leben bleibt Emily Brontë zurückhaltend und diszipliniert, Emotionen und Begierden werden literarisch ausgedrückt, und zwar auf eine derart kraftvolle und unverblümte Weise, dass die damaligen Leser die Texte keinesfalls einer Frau zugeschrieben hätten.

Eine rebellische Ader bewahrt sie sich aber doch: Uranus im 1. Haus weist auf ein eigenwilliges, unruhiges Wesen hin, das durch manchmal extremes Verhalten auffallen könnte. Ständig auf der Suche nach neuen Aktivitäten und Abenteuern, lebt Emily ihren einen grossen Freiheitsdrang in der wilden Natur und ist nur wenig bereit, sich dem Gesellschaftssystem unterzuordnen. Sie hat die Empfindung von extremer Individualität, tanzt deshalb gerne aus der Reihe und kann sich recht exzentrisch und rebellisch verhalten, wenn die Alltagsstrukturen allzu eng werden.

Uranus bildet den Brennpunkt-Planeten in einem T-Quadrat mit Saturn und dem MC. Damit kämpft sie gegen gesellschaftliche Widerstände an, um den eigenen Weg zu gehen, und lebt als scharfsinnige, gründliche Analytikerin in einer ständigen Herausforderung und Spannung, was sie aber zu grossartigen Leistungen führt. Dennoch sind ihre Entfaltungsmöglichkeiten begrenzt (Jupiter steht rückläufig in Steinbock im 2. Haus), ihr Selbstwertgefühl womöglich angeknackst. Chiron in Konjunktion mit dem Geburtsherrn Pluto weist auf den wunden Punkt hin, der aber auch zur Heilung beiträgt: der liegt in der Struktur einer künstlerisch-religiösen Familie, in der Krankheiten nach und nach alle viel zu früh hinwegraffen.

Ob es die vielen Todesfälle oder andere Tabuthemen sind (wie etwa die Alkoholsucht des Bruders Patrick Branwell, der den hohen Erwartungen des Vaters nicht gerecht werden konnte und früh verstarb), die Emilys Lebenskraft zerstört haben, oder die nicht gelebten Leidenschaften – wir wissen es nicht. Jedenfalls erkrankte Emily kurz nach dem Tod ihres Bruders an Lungenentzündung und starb 30-jährig nur wenige Monate nach ihm – und 9 Monate vor ihrer jüngeren Schwester Anne. Bis zu ihrem letzten Tag hatte sie sich geweigert, einen Arzt zu konsultieren oder Medikamente einzunehmen, skorpionische Sturheit und Alles-oder-Nichts-Haltung waren ihre treuen Begleiter. Den grossen Erfolg ihres einzigen Romans durfte sie nicht mehr erleben.

Nelson Mandela – Zum 100. Geburtstag eines Freiheitskämpfers

Im Februar 2014, etwas mehr als 2 Monate nach Nelson Mandelas Tod, besuchte ich im Rahmen einer Südafrika-Reise Robben Island, die karge Gefängnisinsel nahe Kapstadt, auf der Mandela fast 20 Jahre in einer winzigen Zelle inhaftiert war. Durch das Gefängnis führte uns ein ehemaliger Mithäftling Mandelas, der uns die unmenschlichen Haftbedingungen und Schikanen hautnah vor Augen führte, denen die politischen Gefangenen – vor allem die schwarzen – ausgesetzt waren. Dieses Erlebnis hat mich sehr berührt – aber ebenso die Omnipräsenz des charismatischen Politikers, wo immer wir in Südafrika auch hinkamen. Es waren nicht nur das überlebensgroße Denkmal in Pretoria oder die vielen Fotos in Hotels und Restaurants, es waren vor allem die Menschen in diesem Land, die Freude und Versöhnlichkeit ausstrahlten. Es war die Persönlichkeit dieses Mannes, der durch seinen unermüdlichen Kampf und unermessliche Opferbereitschaft dazu beigetragen hatte, das Apartheid-Regime zu beseitigen und eine Politik der Versöhnung einzuleiten. Nicht Hass und Rache waren sein Antrieb, sondern Einigung und Überwindung von Rassenschranken.

Freiheit, Optimismus und Überzeugungskraft

In der Radix von Nelson Mandela finden wir zahlreiche Themen seines wirklichen Lebens widergespiegelt: die Freiheitsbestrebungen, den zähen Kampf, den langen Atem, die Resilienzfähigkeit und Versöhnungsbereitschaft des Mannes, der von sich selbst sagte: „Schon als Junge lernte ich, meine Gegner zu bezwingen, ohne sie zu entehren.“ (Nelson Mandela, Der lange Weg zur Freiheit, Frankfurt am Main 1997, S. 20)

Oder: „Ich bin nicht mit dem Hunger nach Freiheit geboren worden. Ich bin frei geboren worden… Erst als ich zu begreifen begann, dass meine Freiheit eine Illusion war, dass meine Freiheit mir längst genommen war, begann ich nach ihr zu hungern.“ (a.a.O. S. 834)

Unbeschwerte Kindheit und früher Verlust des Vaters

Geboren am 18. Juli 1918 als Sohn eines Thembu-Häuptlings im damaligen südafrikanischen Homeland Transkei, wuchs Mandela mit seiner Mutter (der Drittfrau seines Vaters, der insgesamt 4 Frauen hatte) und 3 Schwestern im Dorf Qumu nahe Umtata, der Hauptstadt der Transkei, in großer Naturverbundenheit und Einfachheit heran. Sein Vater gab ihm den Namen Rolihlahla, was so viel bedeutet wie „Unruhestifter“ (a.a.O. S. 11). Den englischen Namen Nelson erhielt er, wie damals für einen Afrikaner üblich, an seinem ersten Schultag von der Lehrerin der Methodistenschule, die er besuchte.

Betrachten wir Mandelas Radix, fällt auf, dass Uranus in Wassermann im 3. Haus steht – als einziger Planet in der unteren Hemisphäre. Durch diese Stellung erhält der Planet, den wir mit Unabhängigkeitsbestrebungen und revolutionären Tendenzen assoziieren, eine besondere Bedeutung. Es geht hier um Freiheit und Unabhängigkeit im Denken, in der Sprache und der Kommunikation, und das kann durchaus Unruhe in seiner Umgebung verursachen. Dass dem Horoskopeigner diese Unabhängigkeit ein ganz besonderes Anliegen war, erkennen wir am Quincunx-Aspekt zwischen Uranus und Sonne.

Menschen mit einem Schütze-Aszendenten sind meist optimistische, wohlwollende Persönlichkeiten, die auf andere vertrauenerweckend wirken, aber auch mit genügend Selbstvertrauen ausgestattet sind, um sich nicht so leicht unterkriegen zu lassen. Da Schütze ein bewegliches Zeichen ist, sind die unter ihm Geborenen gerne in Bewegung, haben oft sportliches Talent und vertragen keine Einengung. Wie wir wissen, war Mandela in seiner Jugend eine Zeitlang als Schwergewichtsboxer aktiv. Und ein weiterer Hinweis auf den Schütze-AC: „Mein Vater war ein hochgewachsener, dunkelhäutiger Mann mit einer aufrechten, würdevollen Körperhaltung“, schreibt Mandela, „die ich, wie ich mir gern einbilde, von ihm geerbt habe.“ (a.a.O. S. 13-14).

Wenn wir das Medium Coeli in Jungfrau dem Vater zuordnen, so könnte sein Herrscher Merkur in Löwe durchaus auf eine „königliche“ Abstammung verweisen, doch nicht auf die Hauptlinie (das wäre wohl eher MC in Löwe mit der Sonne als Herrscherin). Der Vater stand als Berater des Stammesregenten (Merkur Konjunktion Saturn in Löwe) in dessen Diensten (Jungfrau).

Nach dem frühen Tod des Vaters 1927 übernahm der Regent die Vormundschaft über den Buben und ließ ihm an seiner Residenz eine angemessene Erziehung und Bildung angedeihen. Wenn auch die Trennung von der Mutter, an die er eine starke Bindung hatte (Mond in Skorpion, Mond Rezeption Pluto), dem Jungen zusetzte und aus ihm ein einsames Kind mit mächtigen, verborgenen Gefühlen machte (Mond im 12. Haus), war doch die Aussicht auf Bildung und ein besseres Leben für den bildungsfreudigen Schütze-Aszendent ein willkommenes Angebot, das er bereitwillig annahm.

Ausbildung und erste politische Betätigungen

Mandela erhält also eine höhere Ausbildung in dem anerkannten Fort Hare College, in dem die schwarzafrikanische Elite herangebildet wird (Merkur Konjunktion Saturn im 9. Haus). Saturn ist Herr von 2 in 9: durch höhere Bildung wird der Selbstwert gestärkt, doch Erfolg stellt sich nur durch mühevolle Arbeit ein. Diese scheut Mandela nicht, doch er nimmt im Laufe seines Studiums durch den Einfluss von Kommilitonen, die später auch Weggefährten beim ANC werden sollten (wie z.B. Oliver Tambo), eine immer kritischere Haltung gegenüber der weißen Oberschicht ein.

In Fort Hare betätigte sich Mandela erstmals politisch und wurde 1940 in den Studentenrat, Students‘ Representative Council (SRC), gewählt. Doch als er mit anderen Kommilitonen gegen die schlechte Verpflegung auf dem Campus protestierte, reagierte die College-Leitung mit einem Ultimatum: Er konnte zwischen Einlenken und vorübergehender Suspendierung wählen. Eine schwierige Entscheidung, die sich Mandela nicht leicht machte. Doch schließlich verließ er das College, obwohl ihm das den Zorn seines Ziehvaters eintrug.

Eine Woche später wurden Mandela und sein Ziehbruder Justice mit dem Entschluss des Regenten konfrontiert, dass er für beide die Eheschließung mit zwei Thembu-Mädchen vorbereitet hätte, was den Lebensvorstellungen der beiden Jungen ziemlich zuwiderlief und sie dazu brachte, nach Johannesburg zu fliehen, um dort ein relativ selbstbestimmtes Leben zu führen – soweit das für Schwarze im damaligen Südafrika überhaupt möglich war.

In beiden Fällen blieb Mandela seinen Grundsätzen treu (Jupiter als Geburtsherr in Konjunktion zu Pluto) und zeigte erstmals auch eine Qualität, die ihn später noch oft charakterisieren sollte: seine persönlichen Gefühle und Ziele wurden dem Gemeinwohl bzw. seinen Grundsätzen untergeordnet. Das beweist uns der leere 2. Quadrant seiner Radix (persönliche Befindlichkeiten spielen keine so große Rolle). Lediglich Chiron im 4. Haus zeigt uns die seelische Verletzlichkeit, die im Zusammenhang mit der Familie steht. „Es war immer wieder das gleiche Dilemma“, schreibt Mandela später. „Hatte ich die richtige Wahl getroffen, als ich das Wohlergehen des Volkes noch höher einstufte als das meiner eigenen Familie?“ (a.a.O. S. 598 ff). Immer wieder gelangt er zu der Einsicht: Ja, es war richtig so. Es könnte der unbezwingbare Drang nach Wahrheit, Gerechtigkeit und sinnvoller Orientierung im Leben gewesen sein (Chiron Quadrat Jupiter), der ihn ganz persönlich (Jupiter ist Geburtsherr) für die Leiden seines Volkes sensibilisierte (das 4. Haus ist ja auch die Heimat).

Nicht unterschätzt werden soll jedoch auch der vollbesetzte 3. Quadrant in Mandelas Radix, wo sich 7 Planeten aufhalten. Mandela tut viel für die anderen, braucht diese jedoch auch für die eigene Selbstverwirklichung. Bei einem Schütze-Aszendenten geht es ja Hand in Hand: das Gerechtigkeitsempfinden, gepaart mit der Suche nach einem Sinn im Leben, moralischem Rechtsempfinden und großartigen Visionen. Dazu steht Jupiter prachtvoll: in Krebs erhöht und im 7. Haus in Konjunktion mit Pluto: der Glaube (an sich selbst) kann Berge versetzen, aber auch bei anderen Menschen Begeisterung wecken, denen er auf missionarische Weise seine Ideen nahebringt und sie dadurch ebenfalls motiviert.

Der eigentliche Wesenskern eines Menschen wird durch die Sonne repräsentiert. Diese steht in Krebs, was Mandela viel Phantasie und Empfindsamkeit verleiht, ihn gefühlvoll und instinktsicher macht, aber auch eine gewisse Angst, nicht geliebt zu werden, verbergen könnte. Die Stellung im 8. Haus bringt Mitgefühl, Empathie und tiefe Gefühle in seinem Wesen zum Ausdruck. Er beschäftigt sich mit den Werten anderer Menschen, definiert sich teilweise darüber und muss sich auf irgendeine Weise mit anderen Menschen vereinigen oder austauschen. Dabei erlebt er häufig Situationen, in denen es um Macht und Ohnmacht geht, und er muss immer wieder einen intensiven Lebenskampf mit der Außenwelt bewältigen, wobei er riesigen Umwälzungen und Transformationen ausgesetzt ist oder diese auch bewirkt. Ein ruhiges Leben wird er kaum führen, das Leben ist im Gegenteil eine ständige Herausforderung, der er sich stellen muss. Das drückt sich auch im Sextil zwischen Pluto und dem MC aus.

Dabei wirkt er nicht nur überzeugend und authentisch (Jupiter Konjunktion Pluto), sondern strahlt auch Sympathie und Volksnähe aus (Venus am Deszendenten). Mit Zwillinge-Venus Trigon Uranus hat er viele unkonventionelle Kontakte und liebt das Ungewöhnliche, kann mit viel Charme auf andere zugehen und sie für sich gewinnen.

Mutter-Beziehung und seelisches Empfinden

Die Mond-Stellung in Skorpion im 12. Haus ist einerseits der Hinweis auf leidenschaftliche Gefühle, aber zugleich auch darauf, dass seelische Bedürfnisse schon in der Kindheit unterdrückt wurden. Solange Mandela bei seiner Mutter aufwuchs, der er sich stark verbunden fühlte, konnte er ein unbeschwertes, freies Leben im Dorf führen (Mond Quadrat Uranus). Doch nach dem Tod des Vaters musste sich die Mutter dem Willen des Regenten beugen und ihren kleinen Sohn seiner Obhut überlassen – was sie auch bereitwillig tat, da sie ja durchaus Vorteile daraus erhoffen durfte.

Der Skorpion-Mond (verstärkt durch die Rezeption zwischen Mond und Pluto) impliziert nicht nur die Fähigkeit zu emotionaler Intensität und Leidenschaft, sondern steht auch für eine immense Leidensfähigkeit und Zähigkeit, seelische Belastungen zu ertragen. Wenn ihn etwas – im positiven wie negativen Sinn – berührt, lässt er nicht locker, will den Dingen auf den Grund gehen und gibt sich nicht mit oberflächlichen Erklärungen zufrieden. Eine fixe Idee oder Vorstellung (wie der Kampf gegen das Apartheid-System) kann lebensbestimmend werden, doch mit seinen suggestiven Gefühlen kann er auch ein Kraftfeld um sich bauen, von dem andere Menschen fasziniert sind.

Ein Mensch mit Mond im 12. Haus fühlt eine starke Verbundenheit mit anderen Menschen, nicht nur mit dem eigenen Volk, er ist mitfühlend und sozial eingestellt, kann sich selbst emotional aber nur schwer öffnen, das heisst, seine eigenen, tiefen Gefühle kennen die wenigsten. Dem Bedürfnis nach gelegentlichen Rückzugs-Phasen wurde in diesem unruhigen Leben eher weniger entsprochen – die insgesamt 27 Jahre im Gefängnis, meist in einer 4 Quadratmeter großen Einzelzelle auf Robben Island, waren wohl kaum dazu angetan, viele private Rückzugsmöglichkeiten für Mandela zuzulassen. Nicht zuletzt beinhaltet diese Mond-Stellung auch eine starke Macht-Thematik.

Mandela und die Frauen

Beziehungen zu Frauen zu knüpfen, ist Mandela vermutlich leichtgefallen (Venus Konjunktion DC), doch auch wenn sie zu Beginn angenehm und harmonisch verlaufen sein mögen, war ihnen meist keine Stabilität beschieden (Mond Quadrat Uranus). Wir dürfen nicht vergessen, dass Mandelas Beziehungen (vor allem die ersten beiden Ehen) von seinen häufigen Abwesenheiten geprägt sind (Venus Trigon Uranus), sodass zuviel Nähe und Intimität kaum aufkommen konnte. Venus beherrscht das 6. und das 11. Haus, steht genau am Deszendenten: Er war wohl stets mehr mit seiner Arbeit, seinen Gesinnungsgenossen verheiratet, wiewohl ihm intime Beziehungen zu Frauen schon besonders wichtig waren (ein Skorpion-Mond kann auf Leidenschaft kaum verzichten). In seinem Buch „Der lange Weg zur Freiheit“ bekennt Mandela durchaus auch eine romantische Ader ein – etwas anderes hätte uns bei einer Krebs-Sonne und einem Mond in 12 auch sehr verwundert. Das Trigon zwischen Sonne und Mond schenkt ihm ein natürliches Empfinden für Ausgewogenheit und Gleichwertigkeit, verleiht ihm Menschlichkeit, Wärme und eine spontane und herzliche Ausstrahlung.

Dennoch scheiterte seine erste Ehe an der Unvereinbarkeit der jeweiligen Zielvorstellungen der Eheleute. 1946 (die progressive Venus stand gradgenau auf Mandelas Radix-Sonne, Transit-Jupiter im Quadrat dazu) heiratete Nelson Mandela die Krankenschwester Evelyn Mase, mit der er insgesamt 4 Kinder hatte – 2 Söhne und 2 Töchter. Obwohl sie ihn anfänglich in seinen Ambitionen unterstützt hatte, brachte sie im Lauf der Zeit kaum noch Verständnis für sein politisches Engagement auf und fühlte sich vermutlich auch sehr alleingelassen. Zudem schloss sie sich den Zeugen Jehovas an, was die Eheleute einander noch mehr entfremdete, sodass es schließlich zur Trennung kam.

Am 14. Juni 1958 heiratete Mandela Winnie Madikizela, die erste schwarze Sozialarbeiterin Johannesburgs, die ihn sehr unterstützt hatte, als ihm der Prozess wegen Landesverrats gemacht wurde. Mit der Venus in Zwillinge ist Mandela natürlich von einer Frau hingerissen, mit der er sich intellektuell austauschen kann, die sich für seine Arbeit interessiert oder sogar mit ihm zusammenarbeitet, denn Venus beherrscht das 6. Haus und steht am Deszendent. Winnie Mandela schien dafür die ideale Ehefrau zu sein, sie war ebenfalls im Widerstand tätig und entwickelte sich während Mandelas langer Haftzeit zu einer verlässlichen Gefährtin und führenden Gegnerin des Apartheid-Regimes. Zudem agierte sie sehr aktiv und unabhängig, wozu sie ja aufgrund des langen Gefängnisaufenthalts ihres Mannes auch „gezwungen“ war (Mond Quadrat Uranus), sie kam mit dieser Rolle aber gut zurecht. Leider stellte sich später heraus, dass sie in ihren Aktionen nicht nur Gewalttätigkeit befürwortete, sondern auch verwickelt war in Korruption und Entführungsfälle, was sie politisch sehr belastete und als Ehefrau Mandelas unmöglich machte, sodass sich das Ehepaar im April 1992 trennte.

Sie sollte aber nicht die letzte Ehefrau bleiben. An seinem 80. Geburtstag, dem 18. Juli 1998, heiratete Mandela noch einmal, und zwar die Politikerin und Menschenrechtsaktivistin Graça Machel, die Witwe des frühen Präsidenten von Moçambique, der den ANC zeitlebens unterstützt hatte.

Der African National Congress

Als junger Jurastudent engagierte sich Mandela in der politischen Opposition gegen das weiße Minderheitsregime mit dem Ziel, für die schwarze Mehrheit des Landes gleiche politische, soziale und wirtschaftliche Rechte zu erkämpfen. 1944 trat er dem African National Congress (ANC) bei und gründete im selben Jahr zusammen mit Walter Sisulu, Oliver Tambo und anderen die ANC Jugendliga.

Zur Geburt des zweiten Sohnes Makgatho Lewanika am 26. Juni 1950, dem Tag, für den der ANC einen nationalen Protest gegen die Ermordung von 18 Afrikanern und gegen die Verabschiedung des Kommunistenverbots geplant hatte, schreibt Mandela: „Der Kampf …. war allumfassend…. Ich war bei Evelyn im Krankenhaus, als mein Sohn zur Welt kam, aber das war nur eine kurze Unterbrechung meiner Aktivitäten.“ (a.a.O. S. 167).

Mandela, der eigentlich dem Vorbild Gandhis im Sinne von gewaltlosem Widerstand folgen wollte, musste erkennen, dass sich die Apartheid auf diese Weise nicht beseitigen ließ, daher rief er 3 Jahre später – als der laufende Mars in Konjunktion zu Pluto stand – erstmals auch zur Gewaltbereitschaft auf. Die mächtigen Feinde (also das südafrikanische Apartheid-Regime) lassen sich in der Radix erkennen durch die Stellung von Pluto im 7. Haus.

Es folgten Jahre der staatlichen Verfolgungen und wiederholten Verhaftungen und Verbannungen, denen Mandela sich zeitweise durch Flucht entzog und im Ausland im politischen Untergrund arbeitete. Nachdem er im Juli 1962 nach Südafrika zurückgekehrt war, wurde Mandela jedoch am 5. August 1962 verhaftet, ihm wurde der Prozess gemacht, wo er zunächst zu 5 Jahren Gefängnis verurteilt wurde.

Verhaftung, Gefängnis und Befreiung

Am 12. Juni 1964 wurde Nelson Mandela zu lebenslanger Haft verurteilt, er verbüßte davon insgesamt 27 Jahre, die meiste Zeit (18 Jahre) auf der Gefängnisinsel Robben Island in einer winzigen, 4 Quadratmeter umfassenden Zelle. Wie alle schwarzen Häftlinge war auch Mandela zahllosen Schikanen sowie Schwerstarbeit im Steinbruch ausgesetzt – als Spätfolge dieser unmenschlichen Haftbedingungen erkrankte Mandela im Jahr 1988 an Lungentuberkulose.

Die Zusammenballung von Saturn, Uranus und Neptun in Steinbock im Jahr 1989 brachte so manches Staatsgefüge und politische System ins Wanken – auch in Südafrika, wo der Hardliner-Präsident Botha im Oktober zurücktrat und den Weg für seinen gemäßigteren Nachfolger de Klerk frei machte, der Wandel und Reformen in dem Land am Kap einleitete.

Nach weltweiten Interventionen und Petitionen wurde Mandela am 11. Februar 1990 aus dem Gefängnis entlassen und bald von zahlreichen Staatsrepräsentanten in die ganze Welt eingeladen. „Ich genoss meine Reisen außerordentlich“, trug er seinem Schütze-Aszendent voll Rechnung. „Ich wollte neue – und alte – Aussichten sehen, neue Speisen kosten und mit allen Arten von Menschen sprechen.“ (a.a.O. S. 764).

Unmittelbar nach seiner Freilassung leitete Mandela seine Politik der Versöhnung ein und strebte allgemeine, freie Wahlen an, welche am 27. April 1994 stattfanden und dem ANC die absolute Mehrheit brachten. Am 9. Mai 1994 wurde Nelson Mandela vom neuen Parlament zum ersten schwarzen Präsidenten des Landes gewählt.

So unbeugsam Mandela im Kampf gegen die Apartheid war, so überzeugend und charismatisch vertrat er nach seiner Freilassung die Politik der gegenseitigen Versöhnung und Vergebung. Sein Vermächtnis ist das Streben nach einer Welt freier und gleicher Menschen, ohne Rassismus, demokratisch regiert und sozial organisiert. Im Gegensatz zu vielen anderen gelang es ihm, den Versuchungen von Macht und Geld zu widerstehen.

„Denn um frei zu sein genügt es nicht, einfach nur die Ketten abzuwerfen, sondern man muss so leben, dass man die Freiheit des anderen respektiert und fördert.“ (a.a.O. S. 836).

Nach längerer Krankheit starb Nelson Mandela am 5. Dezember 2013 im Kreise seiner Familie an den Folgen einer Lungenentzündung. Südafrika gedenkt des 100. Geburtstages ihres „Vaters der Nation“ übrigens u.a. mit dem weltweit größten Decken-Bild, das sein Porträt zeigt.

Sigrid Farber, Astromaster ®