Sophie Scholl – harter Geist und weiches Herz

Erinnerung an Sophie Scholl – zum 100. Geburtstag

Vor 100 Jahren, am 9. Mai 1921, wurde im württembergischen Forchtenberg, wo ihr Vater Ortsvorsteher (=Bürgermeister) war, Sophie Scholl als viertes von 5 Kindern einer christlich-liberalen Familie geboren. Als junges Mädchen wuchs sie, ebenso wie ihre Geschwister, im Gemeinschaftsideal der nationalsozialistischen Propaganda auf und trat mit 13 Jahren dem Bund Deutscher Mädel (BDM) bei, wo sie es bis zur Scharführerin brachte. Später wandte sie sich von NSdAP-Gruppierungen ab und eher links-liberalen Gruppen zu, die im „Dritten Reich“ verboten waren und verfolgt wurden.

Nach dem Abitur 1940 begann Sophie zunächst eine Kindergärtnerinnen-Ausbildung. 1941 fand sie durch die Lektüre des Kirchenvaters Augustinus eine von frühchristlichen Werten geprägte Orientierung. Diese Hinwendung zum Religiösen führte auch zu einer veränderten sozialen und politischen Haltung. 1942 entschloss sie sich zu einem Studium der Biologie und Philosophie in München. Durch ihren Bruder Hans lernte sie Studenten kennen, die sie in ihrer Ablehnung der NS-Herrschaft bestärkten. So trat auch Sophie der studentischen Widerstandsgruppe „Die weiße Rose“ bei, beteiligte sich an der Herstellung und Verbreitung von Flugblättern, die Hitler als Tyrannen demaskierten, Meinungsfreiheit forderten und zum Widerstand gegen die Hitlerdiktatur aufriefen, und verfasste schließlich auch selbst Texte dafür. Diese Flugblätter, die vor allem der deutschen Jugend die Augen über das verbrecherische Regime öffnen sollten, wurden in mehreren deutschen und österreichischen Städten verteilt. Das 6. Flugblatt schaffte es sogar bis nach Großbritannien, wo es nachgedruckt, von britischen Flugzeugen über Deutschland abgeworfen und durch den Rundfunksender BBC verbreitet wurde.

Ein Hausschlosser der Universität München, der gleichzeitig SA-Mann war, entdeckte die Gruppe am 18. Februar 1943 und verriet Hans und Sophie Scholl an die Gestapo. Die Geschwister wurden mehrere Tage verhört und am 22. Februar 1943 wegen „landesverräterischer Feindbegünstigung, Vorbereitung zum Hochverrat und Wehrkraftzersetzung“, gemeinsam mit ihrem Kommilitonen und Mitkämpfer Christoph Probst durch den berüchtigten Nazi-Richter Roland Freisler zum Tode verurteilt. Wenige Stunden später fand die Hinrichtung durch die Guillotine statt.

Wer war diese junge Frau, die ihr Leben eingesetzt hatte, um auf ein Unrechtsregime aufmerksam zu machen und dieses zu bekämpfen? War ihr dieses Leben in die Wiege gelegt? Ich habe mir in diesem Zusammenhang ihr Horoskop angesehen.

Zunächst deutet kaum etwas auf so extreme Lebensbedingungen hin. Sophie ist behütet und geborgen in einer zwar christlichen, aber nicht rigid religiösen Familie aufgewachsen. Die Mutter, eine ehemalige Diakonisse (also eine evangelische Krankenschwester), war in einem tiefen Gottglauben verhaftet, der Vater gar nicht. Die Betonung des Erd-Elements in Sophies Horoskop verweist auf Bodenständigkeit, praktisches Geschick, Sinnlichkeit, Genuss- und Sicherheitsstreben, die veränderliche Dynamik lässt sie flexibel und anpassungsbereit erscheinen. Allerdings finden wir die rechte Horoskophälfte übermäßig betont: hier gibt es eine Hinwendung zu anderen Menschen, die Einfluss ausüben können, und denen sie sich verbunden fühlt. Fast alle persönlichen Planeten finden sich im Horoskop Sophie Scholls im 2. Quadranten, was auf Seelentiefe und viele innere Ressourcen verweist, auch die enge Bindung an die Familie ist hier angesprochen, die noch bestätigt wird durch die Stellung der Sonne im 4. Haus. Die seelische Befindlichkeit spielt hier eine grosse Rolle, und so verwundert es nicht, dass Sophie die Begegnung mit anderen sucht, mit denen sie sich auseinandersetzen will und muss (wie der Geburtsherr Jupiter im 8. Haus verrät). Obwohl sie ihr Schicksal selbst gestalten will, kommt vieles von aussen auf sie zu, dem sie sich nicht entziehen kann (4 überpersönliche Planeten im 3. Quadranten).

Der Schütze-Aszendent zeigt uns eine sehr optimistische, begeisterungsfähige Persönlichkeit, die auf andere vertrauenerweckend und motivierend wirkt. Ganz besonders sucht sie jedoch auch nach einem Lebenssinn, denn sie spürt, dass alles mit allem verwoben ist und in einem grösseren Zusammenhang steht. Diesen Sinn meint sie zunächst im Bund deutscher Mädel gefunden zu haben, wo sie sich voll Begeisterung engagiert und auch andere Mädchen dazu motiviert, denn sie fühlt, dass sie sich „einer heiligen Aufgabe verschrieben“ hat. Diese Aufgabe erfüllt sie zunächst mit grossem Eifer und Gewissenhaftigkeit (Jupiter in Jungfrau).

Die Stellung der Venus, die das 10. Haus (die Berufung, das Lebensziel) beherrscht, befindet sich im 3. Haus im feurigen Widder-Zeichen, wo sie zwar im Exil steht, sich jedoch durch besonderen Tatendrang hervortut. In den nationalsozialistischen Jugendorganisationen sind weibliche Jugendliche den männlichen gleichgestellt, das ist für eine starke Frau wie Sophie verlockend. Als sie BdM-Scharführerin wird, lässt sie sich die Haare kurz schneiden und stürzt sich mit Feuereifer in ihre Aufgabe: sie will es ihren Brüdern bei der HJ gleich tun, zeigt Mut und erlaubt sich keine Schwächen. All das ist sehr bezeichnend für eine Widder-Venus.

Später entzieht sie sich bewusst diesem Zwang, indem sie eine Ausbildung in Ulm zur Kindergärtnerin anstrebt, wo auf ernsthaftes Lernen mehr Wert gelegt wird als auf (nazi)-ideologische Unternehmungen.

Wenn wir uns den Geburtsherrn (Aszendentenherrscher) Jupiter ansehen, der in Jungfrau im 8. Haus steht, dann wird uns klar, dass ihr der Sinn des Lebens im Laufe ihrer Jugend abhanden kommt und sie in diesem Bereich eine komplette Wandlung durchmacht. Ihre Weltanschauung wird sie sich nicht länger von den Nazi-Machthabern aufzwingen lassen. Dabei hilft ihr der tiefe Glaube (Jupiter in 8), zu dem sie durch die Lektüre der Schriften von Augustinus findet. Sie erkennt, dass sie die Machthaber mit einer ethischen Gesinnung bekämpfen muss und sich dem auch nicht entziehen kann (der Geburtsherr in 8 wird immer wieder in Lebenskämpfe verstrickt und findet im Fall von Jupiter oft seinen Lebenssinn durch Krisen). Nun wird sie fanatisch in ihrer Überzeugung als Widerstandskämpferin. Nichts, auch nicht der mögliche Tod, kann sie davon abhalten.

Im Fall von Sophie Scholl haben wir es ja gleich mit 2 Geburtsherrschern zu tun: mit Jupiter als Aszendentenherrscher, aber auch mit Saturn, der über das eingeschlossene Zeichen Steinbock herrscht und als Mitherr des 1. Hauses bezeichnet wird. Auch Saturn steht in Jungfrau und im 8. Haus, zwar nicht in Konjunktion zu Jupiter, doch treffen auf ihn ähnliche Kriterien zu. Steinbock ist das Zeichen der Ernsthaftigkeit, der Verantwortungsbereitschaft, der Ausdauer, mit der Ziele verfolgt werden. Wenn also beide Regenten im 8. Haus stehen, wird der Ehrgeiz oft darauf gerichtet, Recht und Prinzipien unbedingt durchsetzen zu wollen, und den Staat (die Machthaber) damit auch unter Druck zu setzen. Der Glaube, eine Mission im Leben zu haben, geht damit Hand in Hand, treibt die Person an und macht sie in Krisenzeiten stark und belastbar.

Die Stier-Sonne ist an und für sich prädestiniert für ein behagliches Leben in der Familie und mit der Natur, und beides war für Sophie ihre ganze Kindheit und Jugend hindurch auch von enormer Wichtigkeit, wovon Tagebuchaufzeichnungen zeugen. Immer wieder schreibt Sophie begeistert von Ausflügen und kleinen Reisen in herrliche Berglandschaften, sie liebt die schönen und guten Dinge des Lebens, an denen sie viel Vergnügen findet. In ihren Freundschaften ist sie treu und beständig (Herr von 11 im Sextil zum Geburtsherrn), der Zwillinge-Mond drückt ihr Bedürfnis nach vielfältigen Kontakten und neuen Eindrücken aus.

Die Sonne im exakten Trigon zu Saturn verleiht Sophie darüberhinaus eine besondere Stärke und Ausdauer, Ehrgeiz, Leistungsstreben, die Fähigkeit zu ernsthafter, harter Arbeit. Auch das Denken ist praxisorientiert (Sonne Konjunktion Merkur), Sophie schwebt geistig nicht in oder über den Wolken, sondern fragt sich, wie sie ihren gesunden Menschenverstand zweckmäßig einsetzen kann. Sie ist imstande, viel Geduld aufzubringen, um ein Ziel zu erreichen.

Mit dieser Konstellation kann sie allerdings auf die Dauer kaum unbeschwert in den Tag hinein leben, sondern braucht konkrete Pläne für die Gestaltung ihres Lebens. Natürlich hätte sie auch die Stier-Qualitäten leben und der Sinnlichkeit und dem Genuss den Vorrang in ihrem Leben geben können. Doch zeigt sich hier wieder einmal, dass Aspekte, vor allem, wenn sie exakt sind, eine stärkere Motivation für einen Menschen darstellen als die pure Zeichen- oder Hausstellung eines Planeten. Bei Sophie Scholl geht der Ehrgeiz, ihre Überzeugungen verantwortungsbewusst zu vertreten (Sonne Trigon Saturn) Hand in Hand mit einem stark ausgeprägten Pflichtgefühl (Mond Quadrat Saturn), das sie eigene Bedürfnisse vor allem im Zusammenhang mit anderen Menschen wahrnehmen lässt (der Mond ist Mitherr von 7).

Im 7. Horoskop-Haus befinden sich laut klassischer Astrologie die offenen Feinde, und dort finden wir im Horoskop von Sophie Scholl Pluto, also mächtige Gegner und Feinde, die offen Druck auf sie ausüben. Sie lässt sich aber weder einschüchtern noch unterkriegen (Jupiter steht im Sextil zu Pluto), kann aber auf Dauer der Gewalt nicht entkommen.

Nun kommt Uranus ins Spiel. Der Planet der Rebellion und der Befreiung befindet sich im Zeichen Fische im 2. Haus. Die Zeichenstellung ist ein Generationenaspekt, d.h. hier hätten sich viele junge Menschen mit ihrer Sehnsucht nach Freiheit in Gruppen mit humanitären Zielen und Zukunftsvisionen engagieren können. Viele dürften das damals falsch verstanden haben, sonst hätten sie sich nicht bedenkenlos der Nazi-Ideologie verschrieben. Anders die Geschwister Scholl: Die Uranus-Stellung in Sophies 2. Haus zeigt eine radikale Abkehr von herrschenden Wertvorstellungen, aber auch das Sprengen von Grenzen. Uranus in Verbindung mit der (Stier)-Venus (hier im genauen Halbquadrat) weist aber auch darauf hin, dass Sophie durch plötzliche Aktionen immer wieder die Grenzen der eigenen Sicherheit verlässt und dabei ein enormes Risiko auf sich nimmt, weil sie sich auf unbekanntes Terrain begibt.

Wieder kommt auch Jupiter ins Spiel, der in Opposition zu Uranus steht: dadurch fühlt Sophie sich ganz persönlich dazu aufgerufen, etwaige Grenzen zu übertreten und sich gegen jede Art von Einschränkung (vor allem, wenn sie gegen das eigene Wertesystem verstösst) zur Wehr zu setzen. Ihr Bedürfnis nach dem eigenen, für sie richtigen Weg ist derart stark, dass sie sich von nichts und niemandem davon abbringen lässt.

Sophie Scholl hätte unter anderen politischen Umständen ein Leben als aktive, unabhängige Frau mit einem wachen Herzen und einem kontaktfreudigen, vielseitig interessierten Geist, mit Sinnlichkeit und Leidenschaft geführt. Sie war den Freuden des Lebens keineswegs abgeneigt, hatte in ihrem kurzen Leben die Liebe kennengelernt, sich sogar verlobt und war als unternehmungslustig und enthusiastisch bekannt. Doch sie entschied sich, die Aufgabe, die ihr im Leben bestimmt war, ernst zu nehmen und ihren Überzeugungen treu zu bleiben. Einen gewaltsamen Tod nahm sie als mögliches Schicksal in Kauf.

Am 22. Februar 1943 wurde Sophie Scholl von Vertretern eines verbrecherischen Regimes ermordet. Sie war noch keine 22. Ich verneige mich angesichts ihres Mutes, ihres Engagements und ihrer Unerschrockenheit, mit der sie ihrem Lebensweg folgte, und fordere euch alle auf, Menschen wie Sophie Scholl und ihre Mitstreiter der „Weißen Rose“ in respektvoller Erinnerung zu behalten.